Die Indie-Chanson-Kammer-Pop-Band Hotel Rimini erobert die Herzen des Hamburger Publikums beim Auftritt im Knust
Text von Gérard Otremba, Fotos von Niko Schmuck
„Geht es allen Beteiligten noch gut?“, fragte Julius Forster nach zwei Songs die Besucher im sehr gut gefüllten Knust. „Ja“ war die einhellige Antwort und man muss als Beobachter und Schreiber davon ausgehen, dass knapp 90 Minuten später die positive Antwort noch überzeugender ausgefallen wäre. Schließlich wurden die gut 400 Personen Zeugen eines rundum glücklich machenden Auftritts seiner Band Hotel Rimini, die am 23.01.2024 im Hamburger Knust gastierte, um die Songs ihres Ende Oktober veröffentlichten Debütalbums „Allein unter Möbeln“ live vorzustellen. Laut Forsters Aussage das bis dato bestbesuchteste Konzert der noch recht jungen Karriere der in Leipzig gegründeten Band, die zu den spannendsten Newcomer-Acts der letzten Jahr in Deutschland zählt.
Molotow must stay
Und die mit Paul Pötsch an der Gitarre einen in Hamburg nicht ganz unbekannten Musiker in ihren Reihen hat, der es sich nicht nehmen ließ, ein kurzes Solo-Vorprogramm mit Songs seiner Band Trümmer zu geben. U.a. auch den Smasher „Wo ist die Euphorie“, der vielleicht den ein oder anderen an das berauschende Trümmer-Konzert im November 2014 im Molotow erinnerte. Pötsch wiederum erinnerte an die Probleme des berühmten Kiez-Clubs, der mal wieder vor dem Aus steht, weil ein Investor an seiner Stelle ein Hotel bauen möchte. „Molotow must stay“ war folgerichtige die Parole Pötschs und wohl aller im Knust Anwesenden.
Hotel Rimini und der Element-Of-Crime-Bezug
Während Paul Pötsch als Frontmann bei seiner Indie-Rock-Band wesentlich exaltierter agiert, konnte er seine Gitarre beim Konzert von Hotel Rimini gediegen im Sitzen spielen. Das passte auch ganz wunderbar, schließlich saßen Paula Schieferecke am Cello und Annegret Enderle an der Violine ebenfalls, Schlagzeuger Paul-Jakob Dinkelacker sowieso und Sänger, Gitarrist und Keyboarder Julius Forster bei der Hälfte des Konzerts auch. Lediglich Valentin Link am Kontrabass hatte den stehenden Part über die volle Konzertlänge inne. Und was war das für ein wunderschönes Konzert mit den wunderschönen Songs von „Allein unter Möbeln“, für mich eines der besten deutschsprachigen Debüts des Jahres 2023. Der an Element Of Crime geschulte Indie-Kammer-Chanson-Pop – live fiel es noch deutlicher auf, dass „Kalter Kaffee“ einer der besten Element-Of-Crime-Songs ist, den Sven Regener nicht geschrieben hat – fußt auf ein klassisches, mit viel Melancholie ausgestattetes Songwriting.
Noch unveröffentlichte Songs
In Liedern wie „Schwedische Gardinen“ und „Allein unter Möbeln“ (mit Schlagzeuger Paul-Jakob Dinkelacker am Waldhorn) voller Sehnsucht und Wehmut, in „Gefallen“ sehr beschwingt ausgerichtet und später im Endspurt vergleichsweise rockig bei „Jubel Trubel Eitelkeit“. Bei Hotel Rimini stimmt einfach das Gesamtpaket aus versierten Musikern, einprägsamen Melodien und assoziativen, klugen und manchmal auch sehr witzigen Texten. Und wer sich schon titelgebend auf ein Buch von Wolfgang Herrndorf bezieht, hat sowieso vieles richtig gemacht. Im besagten „Arbeit und Struktur“ zog der an Bob Dylans langjähriger Live-Darbietung von „All Along The Watchtower“ erinnernde Rhythmus mächtig in den Bann. Mit „Bekannte von früher“, „Deja Vu“ und „Unterholz, d’Amour“ spielten Hotel Rimini auch drei noch nicht veröffentlichte, aber hervorragende, vom Publikum ebenso umjubelte Songs. Es bleibt also spannend bei Hotel Rimini und wir bleiben weiter dran. Bis demnächst und danke für diesen schönen Abend.
